Fangtastic
Ryan Kwanton als Jason Stackhouse und Lindsay Pulsipher als Wer-Pantherin Crystal Norris in True Blood
Von Six Feet Under zu True Blood hat Drehbuchautor Alan Ball dabei mitgeholfen die Art zu ändern, wie das TV Geschichten erzählt. Entweder das oder er eröffnet ein Hundeasyl, erklärt der Oscar-Preisträger.Die Krankheit ist zurück. Wieder einmal haben Vampire das Leben aus Allan Ball herausgesaugt. „Ich habe gerade Season 4 von
True Blood ad acta gelegt, als mich eine Art schweres Fieber erwischt hat“, erzählt Ball. Das geschieht immer am Ende einer Season, wenn mein Körper dann sagt: ,So, jetzt kannst du es dir leisten krank zu werden.‘“
Das Vampir Drama mit Ecken und Kanten hat die Kraft seines Schöpfers vier Jahre lang strapaziert. Aber sogar wenn er hustet und in seinem Haus in Los Angeles herumschlurft, weiß Ball, dass Krankheit nur ein kleiner Preis ist, den er zu zahlen hat. Nach drei sehr erfolgreichen Spielsaisonen erntet die HBO-Serie mit der vierten
Staffel - die in Australien gerade vor einer Woche ihre Premiere hatte - positive Kritiken und hohe Einschaltquoten. Die Serie, mit Anna Paquin und dem Australier Ryan Kwanten, scheint unverwüstlich.
Noch bedeutsamer ist aber, dass sie Balls‘ Rolle als einer der maßgeblichsten Geschichtenerzähler unserer Zeit definiert. Nach dem Film
American Beauty und seiner früheren HBO-Serie
Six Feet Under, mit der er sein Talent offenbart hat, zeigt
True Blood nun seine Vielseitigkeit.
Kevin Spacey in American BeautyDiese Serie war möglicherweise das Letzte, was sich Ball-Fans erwartet hatten. Fangbanging? Wirklich? In einer Zeit, wo
Twilight und
The Vampire Diaries Blutsauger zum Mainstream gemacht haben?
"Alan war nie ein großer Vampir-Fan,'' sagt Stephen Moyer, der den Vampir Bill Compton in
True Blood spielt. '' Das ist nichts das sein Dasein geprägt hätte, er mochte einfach das Buch (bzw. die Serie von Charlaine Harris). Er sah einfach eine Welt innerhalb des Buches.“
Über allem steht, dass er einfach eine gute Geschichte liebt, ganz egal wovon sie handelt. Das ist das Attraktive an Alan Ball: Beides, sowohl die Handlungen seiner Geschichten als auch seine Karriere, sind äußerst unvorhersagbar. In dem Film
American Beauty (den er auch geschrieben hat), erzählt er die Geschichte einer spießigen Midlife-Crisis, die im Bild einer in einem Windhauch wirbelnden Plastiktüte gipfelt. In
Six Feet Under (das er geschaffen und bei dem er Co-Regie geführt hat), beginnt die Geschichte einer Familie von Bestattungsunternehmern mit dem Tod des Patriarchen bei einem Autounfall. Im Film
Towelhead (den er schrieb, produzierte und in dem er Regie führte), kämpft ein arabisch-amerikanisches Mädchen mit ihrer Identität und Sexualität während des Golfkriegs.
Begräbnisangelegenheiten... eine Szene aus Balls bahnbrechendem HBO Drama Six Feet Under.Jedes einzelne Werk war reich und vielschichtig, und genau so ist auch
True Blood. Es ist mehr als nur eine Romanze die sich um Paquins halbfeenhafte Telepathie und ihre unsterblichen Liebhaber, gespielt von Moyer und Alexander Skarsgard, als dem Wikingervampir Eric Northman, dreht.
''Ich glaube, Alan ist sehr clever bei solchen Sachen, '' sagt Moyer. „Im Kern ist es eine wirklich romantische Liebesgeschichte was nicht heißt, dass da nicht noch 20 andere Dinge sein können. Ich konnte es nicht glauben als ich das Drehbuch las. Ich konnte nicht glauben, wie viel er da hineingepackt hat.“
Mit seinen Themen, Plots und Charakteren hat Ball dazu beigetragen, die Art zu verändern, mit der Geschichten auf unseren Bildschirme erzählt werden. Er bevorzugt erzählerische Tiefe mit Handlungen, die eine lange Aufmerksamkeitsspanne erfordern. Und er hat das vor allem beim viel geschmähten Medium Fernsehen gemacht.
„Das TV ist der beste Ort, um Schriftsteller zu sein, '' hat er einmal gesagt.
Mit jeder Saison, die vorbeigeht, ist Ball davon überzeugter, dass das auch stimmt.
Insbesondere der HBO-Kabel-Kanal - der Six Feet Under und True Blood hervorgebracht hat - fördert gutes Schreiben, meint er, anders als das Modell der traditionellen Fernsehgesellschaften.
Ball, der den Tod zu einem immer wiederkehrenden Thema in seiner Arbeit gemacht hat.''Wenn man bei einem Sender wie HBO arbeitet, der nicht davon getrieben ist, eine Plattform für Werbung sein zu müssen, gibt es weniger Antrieb für eine Serie so viele Zuschauer wie möglich für sich gewinnen zu müssen, „ sagt Ball.
''Insgesamt gesehen ist es ein anderes Geschäftsmodell. Sie sind auf Abonnements angewiesen, also ist das Publikum tendenziell älter. In den USA ist das Filmpublikum so um die 15 und die sind nicht speziell interessiert an Geschichten, die mehrdeutig sind, nuanciert und einen noch dazu auffordern, sich mit fehlerbehafteten Charakteren auseinanderzusetzen.
'Und dann muss man noch die Tatsache einberechnen, dass, wenn man an einer Serie arbeitet, eigentlich 12, 24 oder 36 Stunden zur Verfügung stehen, um eine Geschichte zu erzählen, um einen Charakter oder Charaktere, beim Wachsen und einer Veränderung zu verfolgen. Also muss es nicht das simple Drei-Akt-Setup sein, der: Einführung, Ereignis, Action, Auflösung - Typ von Film. Was aber für die meisten Studio Filme erstrebenswert erscheint.“
Ironischerweise kommt das von einem Mann, der einen der meistgefeiertsten Filme der Moderne gemacht hat. Bei seiner Premiere 1999, hatte man bezüglich
American Beauty nur eingeschränkte Erwartungen. Er wurde vom Neuling Sam Mendes gedreht und plakatiert unterdrückte Homosexualität, häusliche Gewalt und einen Griesgram mittleren Alters, den es nach einem Teenager - Cheerleader gelüstet. Nichtsdestotrotz hat er 5 Oscars gewonnen, darunter einen für Balls Drehbuch.
Er weiß immer noch nicht warum. „Ich denke es war eine Anomalie,“ sagt er. „ich glaube nicht, dass irgendjemand der an dem Film gearbeitet hat, daran gedacht hat, dass er etwas anderes sein würde als ein kleiner Programm-Kino Film. Aber aus welchem Grund auch immer ... er hat fasziniert.“
Es ist ein Drama, dass Schönheit an den unwahrscheinlichsten Orten enthüllt. Und das zentrale Bild einer Plastiktüte, die in einem Windhauch tanzt, kann als buddhistisch interpretiert werden.
''Ich glaube nicht, dass ich mich hinsetzte und mir dachte, ,Wie kann ich eine visuelle Metapher für Buddhismus finden?‘„ erzählt Ball. „In Wirklichkeit hatte ich ein persönliches Erlebnis mit einer Plastiktüte ausgerechnet vor dem World Trade Center. Ich ging gerade von einem Sonntagsbrunch nach Hause. Er war ziemlich trüb und eine Plastiktüte drehte sich buchstäblich 15 Mal um mich herum. Ich erinnere mich noch, dass ich mich fühlte, als wäre ich in der Gegenwart von etwas Tiefgründigem und zugleich unglaublich Banalem.“
Ball wurde nicht in den Buddhismus, sondern 1957 in die südliche Methodistenkirche von Atlanta hineingeboren. Er dankte Gott vor dem Abendessen, betete vor dem Zubettgehen und in den Sommerferien ging er in die Bibelschule. Als er 13 war, starb seine ältere Schwester bei einem Autounfall genau an ihrem 22. Geburtstag. Ball war im Auto, als es passierte.
„Sie starb genau vor mir, '' sagte Ball. „Sie starb überall um mich herum. Der Tod streckte sein großes, altes, hässliches Gesicht in mein eigenes und veränderte mein Leben. Das ist der Grund, warum der Tod scheinbar ein Thema ist, das in meinen gesamten Werken auftaucht.
Die Tragödie durchdringt nicht nur seine Arbeit, sie führte auch zu einer Abspaltung von Gott und öffnete ihn für östliche Philosophien.
''Ich war für viele, viele Jahre in einer Art Ungläubigkeit. Als ich über östliche Philosophien und Buddhismus stolperte, war das die erste Zeit, in der ich Philosophie las, die wirklich eine enorme Menge Sinn machte. Was ich mochte und was ich in meinem Aufwachsen im Christentum vermisste, war eine Art Akzeptanz dafür, unperfekt und trotzdem okay zu sein und auch die fehlende Fokussierung auf die Sünde.“
Abgesehen von seinen östlichen Einflüssen, stellt
American Beauty eine kurze Pause vom Tod dar. 2001 kehrte Ball mit einer TV-Serie zurück, die dem Tod eine Hauptrolle gab.
Six Feet Under war erfrischend originell: Die Themen beinhalteten Geisteskrankheit, Selbstverletzung und über allem: Sterblichkeit.
„Der Tod ist ein Begleiter für jeden von uns, ob wir das anerkennen oder nicht, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, und es ist nicht unbedingt eine schreckliche Sache,'' sagt er. ''Es gibt eine Zeile in einer Episode, wo jemand Nate [Peter Krause] fragt, 'Warum müssen Menschen sterben?" Und er denkt darüber nach und sagt: "Um das Leben wichtig zu machen." Darin liegt etwas Wahres.''
Fernsehen wird oft als oberflächliches Medium verurteilt, aber Ball meint, dass es ein großartiger Platz ist, um große philosophische Fragen zu stellen.
''Für mich ist es ein sehr gutes Medium. Ich glaube nicht, dass mich irgendjemand jemals dafür bezahlt hätte, um die Filmversion von
Six Feet Under zu schreiben. Die Leute würden denken: "Wer zum Teufel will sich so etwas anschauen? Wir werden nicht enorm viel Geld ins Marketing für so eine Sache stecken.“
Im Fernseher, sagt Ball, können Schriftsteller ihre Flügel ausbreiten.
Weil es gerade passt: Er sieht Zombies als den nächsten großen Trend. Vielleicht.
''Wir haben eine Zeile in der letzten Folge der aktuellen
Staffel von True Blood in der gerade Halloween ist, alle sind verkleidet und jemand sagt: 'Ich bin ein Zombie. Weißt du nicht, dass Zombies die neuen Vampire sind?"
Ich hörte von Zombies, ich hörte von Engeln. Ich weiß nicht. Das ist eine der großen Wahrheiten: Niemand weiß. Es geht eigentlich nur um eine Person, die etwas aus purer Leidenschaft macht und das erregt Aufmerksamkeit.
Für Moyer ist das, was Ball von anderen Schriftsteller-Regisseuren unterscheidet, eine seltene Kombination aus lebhafter Fantasie und einer Offenheit für Zusammenarbeit. Das hatte einen sehr positiven Effekt auf seine Schauspielergruppe und die Crew.
''Er ist einer der am meisten eingebundenen Regisseure, mit denen ich je gearbeitet habe,“ sagt Moyer.
''Er dreht genauso, wie er es geschrieben hat. Dann, wenn du es so hinbekommen hast, stellt er alles komplett auf den Kopf und will genau das Gegenteil von dem, was man gerade gespielt hat ... Für gewöhnlich ist es so, dass jemand der etwas selbst geschrieben hat, es genauso drehen möchte, wie er es in seinem Kopf hat und diese Leute haben nicht die Vorstellungskraft zu sagen: Okay, ich schaue mir das an. Lasst uns sehen was sie zustande bringen.
Moyer Lob war nicht anders zu erwarten. In Hollywood sind Schulterklopfen und Schmeichelei an der Tagesordnung. Was Ball heraushebt ist die schiere Menge an Lob und die Art und Weise wie die Schauspieler sich in seine Auditions drängen.
Die Besetzung und die Crew würde über Glasscherben und glühende Kohlen gehen, um etwas für ihn zu tun,“ sagt Moyer. „Man möchte einfach brilliant sein für ihn.“
Also, was wird Ball als Nächstes casten?
''Ich versuche, offen für alles zu sein, was meinen Weg kreuzt. Ich habe einige Drehbücher, die ich geschrieben habe. Ich habe eines, das ich gerade versuche in die Gänge zu bringen. Ich habe einige Schauspieler an der Hand und ich versuche ein möglichst attraktives Paket für die Investoren zusammenzustellen, damit die sagen: ' Ja okay, ich stelle einen Scheck aus.' Diese Möglichkeiten gibt es, warum ihnen also nicht folgen?
„Ich schätze mich glücklich in Lauf meiner Karriere immer die Möglichkeit gehabt zu haben, in verschiedenen Medien zu arbeiten. Ich wollte nie ein Mann sein, der wirklich gut in einer einzigen Sache ist und dann nur dieses Eine immer und immer und immer wieder macht. Ich mag es mich in Situationen zu finden, wo ich mir selber nicht sicher bin, was jetzt genau das Richtige ist. Ich möchte in der Lage sein, Werke zu gestalten, die ich als sinnvoll für mich erachte und die - hoffentlich - auch für andere Menschen Sinn machen.
''
Ich hoffe, dass es auch in Zukunft genug Publikum gibt, damit es für Leute weiterhin Sinn macht die wirtschaftliche Entscheidung zu treffen, mich weiterhin zu beschäftigen. Wenn nicht, dann werde ich ein Theaterstück schreiben. Und wenn das nicht funktioniert, dann werde ich gehen und versuchen, ein Buch zu schreiben. Und wenn das auch nicht funktioniert, dann eröffne ich ein Hundeasyl.
Das Leben ist zu rätselhaft um den Versuch zu machen, es bis ins Letzte zu ergründen. Ich habe sicherlich schon lange genug gelebt, um zu wissen, dass es einen an Orte führt, von denen man nie gedacht hätte dort hin zu kommen - und einige dieser Orte sind ziemlich wunderbar.''
Balls Niete:Nicht alle von Alan Ball Serien wurden Hits. Im Jahr 1999 schuf er die Sitcom Oh, Grow Up, über drei Mitbewohner, deren Freundschaft ein Überbleibsel aus der College-Zeit ist. Sie wurde von ABC nach nur einer einzigen - 13 Folgen langen - Saison abgesetzt.
Wie Ball sagt, ''Jedes Mal, wenn ich ihnen ein Skript gab kamen sie zurück und sagten: ,Kann das nicht ein bisschen netter sein?‘ Und: ,In dieser Show geht es scheinbar um Vertrauen. Können wir eine Szene am Ende haben, wo sie über Vertrauen reden?‘ Und nachdem ich versucht habe diese Serie auf Sendung zu halten, habe ich es natürlich gemacht.
„So bin ich zu einer Serie gekommen, die sich niemand angesehen hat und die abgesetzt wurde - glücklicherweise, denn ab diesem Zeitpunkt habe ich mich Six Feet Under gewidmet.“
SM
Quelle: smh.com.au